Zu Sieg von Joe Biden bei der Wahl zum US-Präsidenten
So ernüchternd es klingt: Ein Grund zu überschwänglicher Freude ist Joe Bidens Wahlsieg nicht. Es ist ein Pyrrhus-Sieg, in dem die Blessuren des Wahlkampfs schlimmere Verletzungen hinterlassen dürften, als durch den Gewinn des Präsidentenamtes an Heilung in der US-Gesellschaft erreicht werden kann. Das Schlimmste ist abgewendet, ließe sich sagen, aber damit ist noch nicht notwendig auch Gutes erreicht.
Aber vielleicht ist gerade diese Enttäuschung das, was gut und notwendig ist: eine Ent-Täuschung, ein Wegfall von Illusionen, die insbesondere in Deutschland das Bild von den Vereinigten Staaten geprägt haben. Die USA sind eben nicht allein Garant für Freiheit und Demokratie, sondern eben auch ein Hort für Populismus – und, mit Verlaub aus der etwas herablassenden Sicht des Alten Europa, für eine geradezu bemerkenswerte Dummheit, die von dem niedrigen Bildungsniveau einer Gesellschaft herrührt, die sich Spitzenforschung leistet und Breitenbildung versäumt.
Dennoch stehen die USA zugleich und trotz dieser sichtbar gewordenen Kluft – und das ist bezeichnend für die extreme Polarisierung dieses Landes – für die Werte einer freiheitlichen Demokratie. Die US-Bundesstaaten haben ihre Stimmenauszählungen unbeirrt von dem Störfeuer aus dem Weißen Haus fortgesetzt, sie haben sich dem Druck von Donald Trumps Twitterbotschaften nicht gebeugt und wurden zuletzt sogar auch von denjenigen Medien unterstützt, die als konservativ gelten. Das ist das Gute dieser Wahl: Gewonnen haben demokratische Instanzen und ein objektiver Journalismus.
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