Zu Angela Merkels „Afrikareise“
Es klingt gut, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel während ihrer Afrikareise – genauer ihrer Reise nach Senegal, Ghana und Nigeria – signalisiert, dass mit Hilfen aus Europa vor Ort die Lebensbedingungen so verbessert werden sollen, dass die Zahl der Migranten sinkt. Nur: Neu ist das nicht, eher ein schon veralteter Ansatz. Zu Zeiten von Globalisierung und weltweiter Vernetzung auf Sesshaftigkeit bauen zu wollen, hieße auf Sand zu bauen. Vor Merkel waren im übrigen schon der chinesische Präsident Xi Jinping und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in Senegal, war der französische Präsident Emmanuel Macron in Ghana und Nigeria, war die britische Premierministerin Theresa May in Nigeria – deren Ansatz: Ausbau der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und gegenseitige Handelsbeziehungen. Die deutsche Afrikapolitik hinkt da wie eh und je hinterher und übersieht im Windschatten der Merkelreise, dass just dieses Wochenende zwei wegweisende Wahlen in afrikanischen Ländern stattfinden, in dem westafrikanischen Migrationstransitland Mauretanien und im zentralafrikanischen Ruanda, der sogenannten Schweiz Afrikas, das derzeit auf internationale Tourismusströme im grünen Bergland setzt und sich im übrigen im Umgang mit dem Völkermord von 1994 daran orientiert, wie Nachkriegsdeutschland die Naziverbrechen aufarbeitete. Möglichkeiten einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit gäbe es mithin zuhauf.
So sollte Merkel in der deutschen Afrikapolitik weniger auf europäische Lösungen setzen und abschreckend die Gefahren der Migration beschwören, sondern stattdessen die Qualität zeitgemäßer Beziehungen zu den Ländern Afrikas beschwören – und zwar im eigenen Land. Die afrikanischen Länder und Konsumenten nur als Absatzmärkte eigener Produkte zu betrachte, hieße, die Möglichkeiten einer engeren Zusammenarbeit herablassend zu verkennen. Vielversprechender wären größer gedachte Investitionen in afrikanische Unternehmen, Projekte und Infrastrukturen – so, wie China und Großbritannien es vormachen. Die junge Bildungselite aus afrikanischen Ländern ist hochmotiviert, leistungsbereit und innovativ und kennt die Chancen internationaler Karrieren. Sie lässt sich nicht mit Almosen im eigenen Land halten, sondern setzt auf das Zukunftsversprechen weltweiter Mobilität. Mithin darf es Deutschland nicht um Abschottung gehen, sondern im Gegenteil um eine Intensivierung der Kooperation auf allen Ebenen: wirtschaftlicher, politischer und kultureller Art. Und wenn Deutschland als Zielland attraktiv genug ist, dann kann es vom Elan afrikanischer Leistungsträger auch profitieren.
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